Jedes Mal, wenn sich die Sonne an einem Samstag eines Malwochenendes in den Himmel erhebt, ist Flora voller Vorfreude auf die anderen schönen Blumen, die heute mit ihr malen möchten. Auf die Stolzen mit erhobenem Haupt, die Winzigen die gerade ins Licht erwachen, die schlängligen Suchenden, die Strauchelnden, die sich einen Platz auf dieser großen Blumenwiese sichern möchten, die stabilen Dickstieligen und die mit vielen frischen fast platzenden Knospen, …
FRISCHE BLUMEN
Es kommen immer neue Blumenkinder hinzu, von denen Flora nichts weiß und an denen sie neue Seiten an sich selbst entdecken kann. Es erscheinen hin und wieder Blumen, von denen sie bis heute nicht wusste, dass sie überhaupt existieren. Alle sammeln sich in der Runde um den großen Holztisch und schauen aus bunten Augen der gespannten Gesichter genau auf Flora. „Das schaut schon mal toll aus, so wie eine kleine Blumenwiese, die von einer Gießkanne mit frischen Erfahrungen begossen werden möchte, um wieder ein Stück wachsen zu dürfen.“
Zum Glück ist Flora gut vorbereitet, die Struktur ist wie ein Geflecht, auf der sich alles flexibel aufbauen lässt. So wie die unsichtbaren Fäden, die uns alle miteinander verbinden. Und so wie auch Lieblingsbaum und seine Baumfreunde liebevoll miteinander verbunden sind und sie sich unterstützen… ja wie ein ganzer Wald aus weiter Ferne betrachtet. Jeder Baum schafft sich Platz für seine eigenen Bedürfnisse und so ist das auch bei den hohen, dicken, kleinen, geschlängelten oder zierlichen Blumen, die ihren persönlichen Raum für sich brauchen.
ENTFALTUNGSRAUM
Flora hat einen Raum geschaffen, in dem alle Blumen ihren persönlichen Platz finden und sie spüren können, wer sie sind, wofür sich ihr Naturell eignet. Ein Entfaltungsraum soll es sein. Sie sucht nach einer Methode, bei der sie sich selbst erkennen, denn erzählen braucht sie ihnen nicht, wie das Leben funktionieren könnte. Denn wer glaubt schon, was ihm nicht widerfahren ist? Zudem sind ihre Lebensweisheiten nicht die jeder beliebigen Blume. Und schließlich nordet sie sich auch stets neu ein, da sie weitere Facetten an sich entdeckt. Einige scheinen ihr ähnlich zu sein, andere wiederum ganz neu. Die Ähnlichkeiten geben ihr die Sicherheit, das Interessante am Fremden entdecken zu können.
Lieblingsbaum hat ihr das beim letzten Besuch mal erklärt, wie sich das mit den Blümchen so verhält:
„Stell dir vor, du bist ein Blümchen und darfst dazu erblühen, wofür du erschaffen wurdest. Und das gemeinsam auf einer weiten, duftenden, bunten Blumenwiese. Zwischen all den sprießenden Pflänzchen um dich herum. Das eine mit großen Blütenblättern als Sonnenschutz an hitzigen Tagen für die kleinen zarteren Blüten. Es fängt das Wasser des Himmels ganz oben auf und stellt es den Kleineren zur Verfügung. Die unzählig vielen kleinen Pflänzchen verteilen das Wasser so in der Erde, dass jetzt wieder alle Wurzeln neu versorgt werden können. Sie sind zudem so zahlreich, dass sie die großen Blumen aufrecht erhalten, damit sie genauso ihrer Aufgabe nachgehen können.
Steht ein Blümchen allein in Wald und Flur, ob groß oder klein, wird es kaum einem heftigen Sturm standhalten. Erst zusammen sind sie stark und geben sich Halt. Jedes wird das geben, was es zu geben hat und wird mit anderen Blüten kommunizieren und in sich reinhorchen, um zu verstehen, was es tun kann – Um selbst herauszufinden, worin sein höchstes Potenzial besteht Größtmögliches zu bewirken. Jeder tut was er am besten kann, in seiner vollsten Kraft. Sie teilen, was da ist und lernen so gemeinsam friedlich miteinander zu sein.“
Ziemlich schlau Lieblingsbaums Worte.
Doch es ist gar nicht so leicht, denn häufig möchte die kleine Blume groß sein. Sie mag der Sonne näher sein, so wie die riesige Sonnenblume, von der alle berichten, das gesamte Blumenfeld im Überblick zu haben. Sie soll viel mehr Besuch von kuscheligen Hummeln und den summenden Bienen bekommen. Und die Dickstielige möchte sich endlich biegen und Muster in die Luft schlängeln können, wie die Liane. In dem Fall ist es kein Biegen, sondern ein Verbiegen für andere. Woran könnte sich eine echte Liane festhalten, wenn es keine Dickstieligen gäbe.
Wir brauchen alle Arten von Blumen, ihr Dasein hat einen Sinn. Es wird in sich schlüssig und eine reichhaltige Fülle werden, wenn jeder weiß, wofür er da ist.
Flora überlegt: „Das heißt, ich brauch´ nur darauf achten und tief in meinen Körper spüren, wenn ich etwas tue. Möchte ich mich biegen wie Liane, raubt mir das so viel Energie, dass ich mit der Zeit so kraftlos werde und nicht mal mehr gerade stehen könnte. In schwindelerregender Höhe müsste ich mich bewegen. Ich würde etwas anstreben, was mir gar nicht entspricht und es wäre keinesfalls hilfreich. Das würde weder mir noch andern helfen, ich bin halt im Herzen nicht Liane.“
ICH BIN FLORA
Im Malkurs spürt sie mit den Teilnehmern in den Körper hinein. Nur wenn sie fühlen, welcher Pinsel ihnen gut tut, mit welcher Farbe sie glücklich sind, bei welchem Bild sich Widerstände aufbauen oder sie innere Öffnung erfahren wird es ihnen auch für den Alltag helfen, selbstliebender mit sich umzugehen.
Probier es mal aus! Gerade Verbote wurden uns früher häufig erteilt, jetzt tun wir das selbst, nur muss das nicht wahr sein, was wir denken.… Hast du das schon einmal hinterfragt? Gerade die Dinge, die sich als selbstverständlich bei dir eingeklinkt haben gelten als höchstes Potenzial, sie neu zu betrachten. Vielleicht ist es sogar wahr, was du bisher immer geglaubt hast, vielleicht aber nicht… Schau es ganz genau an, bevor du dich entscheidest! Bleib offen für die Kreativität deines Herzens!